Insgesamt unterscheidet Kuckartz drei Arten der qualitativen Inhaltsanalyse, die sich in ihrem jeweiligen Vorgehen unterscheiden, aber das gesamte akademische Spektrum von der Bachelor- über die Master- bis zur Doktorarbeit methodisch abdecken können. Unterschieden werden dabei die inhaltlich strukturierende, die evaluative und die typenbildende qualitative Inhaltsanalyse.
Die inhaltlich strukturierende Form der qualitativen Inhaltsanalyse deckt womöglich das breiteste Spektrum an wissenschaftlichen Anwendungen ab und wird unserer Erfahrungen nach auch am häufigsten von StudentInnen angefragt, die im Zuge ihrer Abschlussarbeit eine qualitative Inhaltsanalyse durchführen lassen möchten. Die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse kann nach Kuckartz für die gesamte Bandbreite vom rein induktiven bis zum rein deduktiven Vorgehen genutzt werden. In den meisten Fällen wird aber ein Verfahren gewählt, bei dem Kategorien sowohl a priori als auch am Material gebildet werden. Die Codierung erfolgt dabei zunächst nicht vollständig. So wird beispielsweise in einem ersten Durchlauf das Material mit zehn deduktiven Kategorien codiert; im zweiten Durchlauf wird dann durch die Arbeit am Material induktiv das Kategoriensystem ausdifferenziert.
Eine inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse ist nach Kuckartz beispielsweise dann zu wählen, wenn sich die StudentInnen einer bislang relativ wenig erforschten Thematik über die Auswertung von Experteninterviews annähern möchten.
Während es bei der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse um die Identifikation von Themen und Sachverhalten sowie deren Systematisierung geht, steht bei der evaluativen Inhaltsanalyse die Klassifizierung von Inhalten im Vordergrund. Wo es bei der inhaltlich struk- turierenden Variante noch möglich ist, relativ kreativ und frei Kategorien am Material „zu entwerfen“, fordert die evaluative Inhaltsanalyse ganz besonders die sprachlichen und Interpretationskompetenzen der StudentInnen und Ghostwriter für Inhaltsanalysen.
Je nachdem, wie die Codierung des Materials erfolgt, können Bewertungen auf nominalem (Schulen in den Stadtteilen 1 und 2), ordinalem (Grund-, Realschule und Gymnasium eines Stadtteils) oder metrischem Skalenniveau (Noten der GymnasialschülerInnen eines Stadtteils) festgehalten werden. Über die Wahl des entsprechenden Skalenniveaus ist somit später auch eine statistische Analyse der Ergebnisse der evaluativen Inhaltsanalyse möglich. Evaluative Inhaltsanalysen werden beispielsweise dann durchgeführt, wenn die SupervisorIn einer SozialarbeiterIn anhand des Supervisionsprotokolls beurteilen muss, ob Letztere in ihrer Arbeit ein schwaches, mittleres oder starkes Selbstwirksamkeitsgefühl vermittelt.
Wie der Name erahnen lässt, besteht das Ziel der typenbildenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz in der Herausarbeitung von Typen und der Entwicklung einer Typologie am Material.
Gerade in den Sozialwissenschaften folgt die Typenbildung einer langen Forschungstradition, sodass sie gerade für die Sozialarbeit, die Pflegewissenschaften und andere akademische Fragestellungen, die sich mit dem Leben und Handeln von Menschen befassen, relevant ist. Bei der Typenbildung werden Elemente mit ähnlichen Merkmalsausprägungen zu Clustern oder auch Typen zusammengefasst, wobei sich dabei immer die Frage der Fallabwägung und -kontrastierung mit anderen Elementen stellt. Da sie eine objektive Vergleichbarkeit gewährleisten soll, ist die typenbildende qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz als das anspruchsvollste der drei Verfahren zu verstehen.
Im Pflegekontext könnte mit diesem Verfahren beispielsweise untersucht werden, welche Aspekte in der Altenpflege für die Gepflegten besonders wichtig sind; dabei könnte sich zeigen, dass diese einerseits quantitative Aspekte sind, beispielsweise die Zeit, die sich PflegerInnen für die zu erfüllenden Aufgaben nehmen, und andererseits qualitative Aspekte, zum Beispiel die Sorgfalt der Aufgabenerfüllung.
Inhaltsanalyse sorgfältig durchführen lassen
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